Christliche Symbole unter Heimatschutz?

Zur Parlamentarischen Initiative Ida Glanzmann

Die Initiative Glanzmann nimmt die Kritik der Freidenker an den Kruzifixen in der öffentlichen Schule zum Anlass für die Forderung, die Symbole der christlich-abendländischen Tradition per Verfassung schützen zu lassen. Das ist absurd. Jene Werte, die den Westen heute prägen – Menschenrechte, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Selbstbestimmung –, wurden von den herrschenden Kirchen nicht gefördert, sondern mussten gegen ihren Widerstand und oft blutig erkämpft werden!

Unsere Forderungen stützen sich auf das Bundesgerichtsurteil von 1990, wonach Kruzifixe in der Primarschule die Neutralitätspflicht des Staates verletzen. Wir wollen damit keine persönlichen Überzeugungen angreifen, Meinungsfreiheit ist uns ein zentrales Anliegen. Vielmehr möchten wir Religion als Privatangelegenheit verstanden haben. Es geht um die Durchsetzung der allseits beschworenen Trennung von Kirche und Staat als Voraussetzung des friedlichen Zusammenlebens in einer immer durchmischteren Gesellschaft. Solange Kruzifixe in Gerichten, Schulen, Spitälern und anderen staatlichen Einrichtungen hängen, ist sie im Alltag nicht realisiert.

Die Kreise um Frau Glanzmann wollen ein Stück «Heimat» verteidigen, nicht zuletzt gegen den als bedrohlich empfundenen Islam. Das Kreuz soll Halt geben in einer sich rasant verändernden Welt. Dabei geht der Trend in Europa eindeutig in die entgegengesetzte Richtung, die Menschen distanzieren sich zusehends von der Kirche. Verharren im Dogma, wie es im neusten Hirtenbrief von Bischof Huonder zutage tritt, wird die Säkularisierung kaum aufhalten, im Gegenteil. Christliche Symbole sind nicht nur kulturelles Dekor, sie spiegeln auch das Gastrecht, das der katholischen und der reformierten Religionslehre (vielleicht bald auch weiteren?) in unseren Klassenzimmern unhinterfragt eingeräumt wird. Dass nun unser Einsatz für eine neutrale Schule als Nötigung empfunden wird, zeugt von einem verkehrten Toleranzbegriff: Minderheiten bedürfen des Schutzes – Frau Glanzmann fordert hingegen die Diktatur der (noch) konfessionellen Mehrheit.

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