Was soll, was kann die Theologie?

Wieso die Theologie keine Antworten auf die heute wesentlichen Fragen bietet. Neue Luzerner Zeitung

Zu den Leserbriefen «Unsere Gesellschaft braucht das Fach Theologie», Ausgabe vom 4. August.

Theologie beschäftigt sich mit den so genannten «letzten» Fragen. Woher, wohin, warum? Schon Ludwig Wittgenstein mahnte: «Worüber man nicht sprechen kann, darüber sollte man schweigen.» Gott, alles Übersinnliche, das Jenseits gehören dazu.

Aber sind es nicht die «vorletzten» Fragen, über die wir uns vertieft Gedanken machen sollen, entscheiden sie doch über Gelingen oder Scheitern eines Menschenlebens? Jene nach der richtigen Berufswahl, den wahren Freunden, dem Glück in Partnerschaft und Familie, unserem Platz auf dieser Welt? Fortschritt ist meist technikgetrieben. Wo wären wir ohne die Erfindung des Rades, des Buchdruckes, die Errungenschaften der Medizin? Während die einen uns den Himmel verheissen, erobern ihn Astrophysiker Stück um Stück.

Religion ist ein vielfältiges kulturelles Phänomen. Als solches soll sie erforscht werden, innerhalb der Geschichte, Kunst und Literatur. Widersinnig mutet es hingegen an, dass das Institut für Sozialethik in Luzern bei der Theologie angesiedelt ist. Dabei befasst diese sich, ganz «praktische Philosophie», mit dem menschlichen Handeln, den Bedingungen für ein gutes Zusammen-Leben. Je bunt gemischter die Gesellschaft, desto wichtiger werden begründbare Werte und Regeln, die sich auf vernünftige und vor allem testbare Aussagen stützen. Die Theologie ist dazu denkbar ungeeignet.

Wir werden in ein gleichgültiges Universum hineingeboren. Es liegt an uns, für das Wohlergehen auch kommender Generationen zu sorgen. Zum Beispiel durch kluge bildungspolitische Weichenstellungen wie die kürzlich geforderte Abschaffung der Theologischen Fakultät an der Universität Luzern zu Gunsten einer Gesundheitsfakultät. Ein solcher Schritt ist angesichts der schwachen Studierendenzahlen und der sinkenden Bedeutung des Faches für die Wissensgesellschaft längst überfällig. Erfreulicherweise wird das Ansinnen von den Parteien mehrheitlich mitgetragen.

Öffentliche Gelder müssen in Bereiche fliessen, wo sie für möglichst breite Bevölkerungskreise von Nutzen sind. Die Beschäftigung mit jahrtausendealten Mythen zählt definitiv nicht dazu. Weder Bibel, Koran noch Veden, kein Horoskop oder «Medium» werden uns Lösungen für die Probleme der Zukunft liefern. Und falls es ein «Urprinzip» tatsächlich gibt, werden es die Physiker am Cern wohl eher im «Gott-Teilchen» finden als die Theologen in den Schriftrollen vom Toten Meer.

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